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Angst und Manipulation 2008

Psychologische Anmerkungen

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Psychologische Anmerkungen

Angst ist gesund

Wer ohne jede Angst die vielbefahrene Straße überquert, lebt vielleicht nicht mehr lange.

Zum Problem wird erst das Ausmaß: wenn sich jemand z.B. überhaupt nie mehr über die Straße zu gehen traut. Oder durch die Anzahl der Objekte, die einem Angst machen z.B. Angst vor allem und jedem. Oder wenn andere die Angst schwer verstehen können z.B. wenn jemand vor allen Fußgängern Angst hat.

Manipulation betreibt jeder

Sie ist alltäglich und wird von jedem praktiziert: ich z.B. verzapfe hier meine Weisheiten und Sie glaubens dann vielleicht auch. Wenn Sie mit jemandem reden, möchten Sie der Person etwas mitteilen und sie vielleicht zu bestimmten Einsichten, Gefühlen oder Verhaltensweisen bewegen.

Zum Problem wird's, wenn dies durch Tricks und nicht leicht durchschaubare Methoden passiert, wobei die Zielpersonen nicht merken sollen, dass auf sie Einfluss zu einem bestimmten Zweck ausgeübt wird. Ich soll dazu gebracht werden, etwas zu denken oder zu tun, was ich sonst nicht würde, z.B. dass ich etwas kaufe, was ich gar nicht brauche.

Wie funktioniert Beeinflussung?

Es gibt viele Möglichkeiten, jemanden zu beeinflussen. Im Großen und Ganzen sind die Methoden, die man bei der Dressur von Tieren anwendet, auch beim Menschen recht erfolgreich. Wir haben alle so z.B. gehen oder lesen gelernt.

o Vor allem durch das Beobachten eines Modells: will ich z.B. kleineren Kindern das Schifahren beibringen, muss ich nur vorausfahren.

o Oder durch Koppelung von zwei Reizen, z.B. Automodell und schöne Frauen, die dann manche Männer zu diesem Modell greifen lassen.

o Oder durch Steuerung durch angenehme oder unangenehme Konsequenzen, vereinfacht: durch Belohnung und Bestrafung, was ja jeder kennt. Wir tun, wovon wir etwas haben oder wodurch wir etwas Schlimmes vermeiden können. Und wir meiden, was schlimme Konsequenzen für uns hat (oder haben könnte). Hierher gehört auch das Lernen durch Versuch und Irrtum.

Am wirksamsten sind wiederkehrende Belohnungen gekoppelt mit unangenehmen Konsequenzen bei Nichtänderung von Verhalten oder Einstellung z.B. wenn ich bequem, preiswert und freundlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorankomme, fürs Autofahren aber durch Stress, Staus und höheren Kosten 'bestraft' werde.

Angst machen - als Mittel der Manipulation

Angstmache ist Beeinflussung durch den Hinweis auf unangenehme Konsequenzen: ich mache jemanden Angst (die Gründe kann ich auch erfinden, sie müssen nur geglaubt werden) und bringe dadurch Leute dazu, etwas zu denken, zu tun oder zu akzeptieren, was sie sonst nie täten. Z.B. reduziert aktuell die Angst vor Terror den Widerstand gegen die zunehmende Überwachung und läßt manchen sogar Folter als angemessen erscheinen.

Wer Unterlegenheitsgefühle, mangelndes Selbstvertrauen oder Angst hat, lässt sich leichter täuschen und ist so leichter manipulierbar. Auch in der Geschichte der Kirche war es für kirchliche ãHirtenÒ leichter, die ãSchäfchenÒ dorthin zu bringen, wo man sie haben wollte, wenn man ihnen einredete, arme Sünder zu sein, die Strafe verdient hätten und nur auf Gnade hoffen konnten. Hätte man ihnen gesagt, dass sie Söhne und Töchter Gottes sind, mit großer Würde, wären sie nicht so leicht manipulierbar gewesen. Schon die unbiblische Einteilung in Hirten und Schafe war (und ist) manipulativ, da doch allein Jesus unser Hirte ist.

Am leichtesten fallen die Menschen rein, wenn die Manipulation von Fachleuten kommt z.B. gelingt es deutschen Wirtschaftsverbänden als 'Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft' mit über 9 Millionen € pro Jahr erfolgreich, ihre Botschaft: ‘Wir brauchen mehr Markt und weniger Staat‘ immer mehr auf die öffentliche und politische Agenda zu setzen, in Schulen, im Internet und vor allem in den Medien. Dabei verschwinden immer öfter die Grenzen zwischen Journalismus und Werbung. Über eine TV-Agentur werden Beiträge in Informationssendungen platziert. Getarnte Lobby-Arbeit - und die Zuschauer sind ahnungslos.

Wirksam ist auch, wenn in den Argumenten auch ein bisschen Wahrheit steckt. Z.B. basiert die Ausländerablehnung in Österreich einerseits auf der Angst vor Fremdem (die jeder Mensch in sich trägt - genauso übrigens wie die Lust auf Fremdes). Dass aber Kronenzeitung und die Rechtsparteien diese Ressentiments in solch hohem Ausmaß verstärken können, liegt auch daran, dass tatsächlich die Integration von Migranten oft schwierig ist und z.B. die organisierte Kriminalität durch die Grenzöffnungen tatsächlich zugenommen hat. Das Körnchen Wahrheit lässt einen dann vergessen, dass sie Menschen sind wie Du und ich.

Dazu kommt, dass man Eigenschaften, die man an sich selber nicht erkennt oder die man bei sich ablehnt, auf andere projiziert und sie dort bekämpft, wodurch man sich dann auch besser vorkommt. Man sagt dann: 'Der oder die stinken, sind faul, aggressiv oder gefährlich etc.' Z.B. wenn Strache vom 'Rassismus gegen Österreicher' redet.

Verhaltensbeeinflussung durch reales oder an die Wand gemaltes Schlimmes allein reicht aber nicht aus oder wirkt meist nicht lange, wie sich dies auch in der sogenannten Aversionstherapie gezeigt hat, wo man z.B. Nikotinabhängige dazu bringt, dass ihnen schon beim Anblick einer Zigarette der Ekel kommt.

Lügen haben kurze Beine

Durch Tricks kann man nicht ewig manipulieren: wenn das Produkt nichts taugt, werde ich es trotz raffiniertester Werbung nicht mehr kaufen.

Auch die Mehrheit der Nordamerikaner hat inzwischen die Tricks ihrer Administration durchschaut: indem Saddam Hussein als akute Terrorgefahr deklariert worden war, war das amerikanische Volk zur Zustimmung zum zweiten Irakkrieg gebracht worden. Der Boden war durch die Anschläge von 9-11 bereit. Aber jetzt werden die Kosten des Krieges (an Menschenleben und Geld) und die weitgehende Verfehlung der deklarierten Ziele immer offensichtlicher, sodass die Fortsetzung der Angstmache nicht mehr besonders wirksam ist.

Wie kann ich mich vor Manipulation schützen?

o Uns heutigen Menschen fällt als erstes das kritische Denken ein, sowie Kenntnisse über Beeinflussungsmechanismen: Man kann ja etwa die Erkenntnisse der Werbepsychologie nicht nur nützen, um Menschen zu bestimmtem Kaufverhalten zu veranlassen, sondern auch, um gefinkelte Manipulationen zu durchschauen und dadurch nicht mehr so anfällig dafür zu sein.

Natürlich sind auch gesetzliche Maßnahmen zur Transparenz zu begrüßen z.B. dass künftig bei EU-Gesetzen die Lobbyisten der Interessensgruppen, die auf die Gesetzwerdung im Hintergrund Einfluss genommen haben, aufgelistet werden sollen.

Das kritische Denken allein ist aber der Manipulation nicht immer ausreichend gewachsen, weil wir Menschen weithin durch unbewusste Vorgänge gesteuert sind und das Denken selbst durch unsere Schwächen und Schattenseiten mitbestimmt ist (und wir hier auch die ãManipulationÒ durch unsere eigenen Neurosen oft nicht merken).

o Einen anderen Weg zeigen uns die spirituellen Menschen auf, die wir heute als MystikerInnen bezeichnen. Sie waren z.B. gegenüber den Machtgelüsten der Kirchenfürsten sehr kritisch und schwer manipulierbar, weil sie sich von ihrer inneren Stimme, die sie als die Stimme Gottes bezeichneten, führen ließen.

Z.B. predigte Hildegard von Bingen nicht nur engagiert (und leider vergeblich) gegen den bevorstehenden Kreuzzug und stellte sich dabei militant gegen ihren Beschützer Bernhard von Clairvaux, sondern trat auch vehement gegen die brutale Niederschlagung der Emanzipationsbestrebungen der norditalienischen Städte durch Kaiser Barbarossa auf. Die Äbtissin war schon achzig, als sie sich weigerte, einen exkommunizierten Ritter wieder zu exhumieren, den sie auf dem Klosterfriedhof hatte beerdigen lassen. Sie nahm dafür sogar eine Kirchenstrafe in Kauf. Ihre Spiritualität hinderte sie, dem damaligen Mainstream auf den Leim zu gehen.

Auch wer heute fähig ist, sich zu entspannen, sein Denken zu reduzieren und sein Ich in den Hintergrund treten zu lassen, kommt so auf die Ebene des umfassenden Wohlwollens und empfängt in dieser Leere und Stille wesentliche und meiner Erfahrung nach verlässliche Antworten - und zwar gleich, ob ich sie als Botschaften des in mir wohnenden Gottes oder der Weisheit meines Unbewussten auffasse.


Erschienen in "Information - Diskussion"(KAB / OÖ) im September 2008